Die neue Doppelspitze im Gespräch
Erstmals in der Geschichte der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation wurde nach den Wahlen eine Doppelspitze vereinbart.

Was man darunter versteht und welches die Positionen von Bernhard Hafele (Grüne Wirtschaft) und Hanno Schuster (Vorarlberger Wirtschaft) sind, lest ihr hier:
Wie dürfen wir uns die Obmannschaft in einer Doppelspitze vorstellen?
Bernhard Hafele: Mit viel Erfahrung und neuen Impulsen. Ansonsten sollten für die Mitglieder nicht die Personen an der Spitze entscheidend sein, sondern die gute Arbeit.
Hanno Schuster: Wir teilen uns die Verantwortung und wechseln uns zur Halbzeit in der Rolle des Obmanns ab. Faktisch führen wir gemeinsam: nach innen wie nach außen. Zwei Perspektiven, eine Richtung. Und wenn es mal unterschiedliche Meinungen gibt, reden wir drüber – statt übereinander.
Kreativwirtschaft lebt von Vielfalt. Was verbindet Sie beide trotz unterschiedlicher politischer Hintergründe in Ihrem Engagement für die Fachgruppe Werbung?
Bernhard Hafele: Uns verbindet die Leidenschaft, sich für eine Gemeinschaft zu engagieren. Weiters sind wir an konstruktiven Kompromissen interessiert und nicht an parteipolitischen Prinzipien.
Hanno Schuster: Wir kommen aus unterschiedlichen politischen Ecken – aber uns verbindet der gleiche Blick aufs Wesentliche: die Anliegen der Branche. Grafik, Design, Gestaltung, Kommunikation, PR – das sind gestaltende Felder. Da zählt Haltung, nicht Lager.
Wo sehen Sie vielleicht Grenzen – und wie wollen Sie diese gemeinsam im Interesse der Branche kreativ überwinden?
Bernhard Hafele: Es geht nicht nur um unserer beider Meinung und Ideen. Wir haben einen qualifizierten Ausschuss, der gemeinsam mit uns fundierte Entscheidungen treffen wird. Wer keine Grenze zieht, muss diese nicht überwinden. Natürlich bewegen wir uns in einem Rahmen an Möglichkeiten, den das Budget und die Wirtschaftskammer uns vorgeben.
Hanno Schuster: Den kleinsten gemeinsamen Nenner vermeiden, stattdessen die Unterschiede nutzen. Statt politische Strukturdebatten führen, Inhalte entwickeln: Passt das designforum tatsächlich zu unserer Aufgabe, welchen Nutzen haben unsere Kolleg:innen? Wie nutzen wir künftig die Möglichkeiten in der CampusVäre? Was können wir im Bereich PR, Text anbieten? usw. Für uns gilt: Doppelspitze heißt doppelter Zugang.
Welche konkreten Vorhaben oder Themen wollen Sie als gemeinsames Führungsduo nun anstoßen – was soll die Fachgruppe Werbung 2025 von Ihnen spüren?
Bernhard Hafele: Unsere Region sollte prominent sein für ihre hervorragenden Kommunikationsbetriebe. Die Grundlagen sind da. Eine diversifizierte und starke Wirtschaft sowie gut ausgebildete Personen. Woran es noch mangelt, ist die Anerkennung über die Breite der Gesellschaft bis hin zu politischen Entscheidungsträgern. Dies zu ändern, daran wollen wir auf jeden Fall arbeiten. Unsere Branche kann mit Wandel umgehen. Sie definiert sich quasi darüber. In der Kommunikation leben wir von stilistischen und inhaltlichen Neuerfindungen. Und da solche Veränderungen selten große materielle Umstrukturierungen bedeuten, können wir uns rasch anpassen. Die größte Herausforderung besteht in der Last der Gewohnheit. Unser Fachbereich soll für zukünftige globale Herausforderungen gut vorbereitet sein. Hier ist es unsere Aufgabe zu unterstützen und Angebote bereitzustellen. Als dringlichstes Beispiel möchte ich den Schutz unserer Umwelt anführen. Wir haben auch in der Dienstleistung eine große Verantwortung - in Bezug auf Umweltschutz und ökologisches Wirtschaften. Wir sind es, die Kunden zeigen, wie man kommuniziert. Deshalb sollten wir es sein, die sich hier auskennen. Wenn jemand einen Betrieb für nachhaltige Kommunikation sucht, sollte er zuerst in Vorarlberg suchen.
Hanno Schuster: Wir – und damit meine ich die gesamte Branche – müssen der Weiterbildung deutlich mehr Aufmerksamkeit schenken. Wir sind mit rund 1.000 Mitgliedern eine riesige Berufsgruppe für ein kleines Bundesland. Der Wettbewerb wird härter, die Anforderungen steigen, und die Überzeugung, mit einer Ausbildung von vor fünf oder zehn Jahren noch gut aufgestellt zu sein, wird künftig schwerer tragbar sein. Dabei geht es nicht nur um KI – es geht um neue Mediennutzung, Projektabwicklung, Honorarverhandlung, ethische Fragen, Selbstorganisation. Ich sehe es als unsere Aufgabe, diese Realität anzusprechen und gemeinsam zu überlegen, wie man ihr begegnen kann – ohne Überforderung, aber auch ohne Ausreden. Ein weiteres Thema ist die Vernetzung zwischen den KollegInnen; finden wir dafür ein kluges Format? usw.
Wie verändert Kl die Wettbewerbslandschaft für kleine und mittlere Werbeagenturen in Vorarlberg ?
Bernhard Hafele: Wie genau sich unsere Arbeit durch die Implementierung durch KI-Tools verändert, lässt sich in der Mitte dieses Wandels nicht absehen. Deshalb ist es wichtig dranzubleiben, zu lernen und zu probieren. Gerade für kleine Unternehmen kann es auch eine große Chance sein, fachlich und qualitativ mit größeren Unternehmen mithalten zu können. Die Aufteilung von personellen und fachlichen Ressourcen wird jedenfalls neu verhandelt.
Wie jede neue Technologie ersetzt die KI nicht alles, was war und ist. Es entstehen neue Pfade neben etablierten und manche alten Wege werden wir im Laufe der Zeit aufgeben.
Hanno Schuster: Künstliche Intelligenz braucht den Menschen als kreativen Faktor. So paradox das zunächst klingen mag – genau das ist der Kern. Ohne Gestaltungs- und Vorstellungskraft, ohne sprachliches Feingefühl, ohne konzeptionelle Stärke kann auch KI nichts wirklich Neues hervorbringen. Deshalb lautet die Aufgabe: Die eigenen Fähigkeiten schärfen, neue Impulse aufnehmen – und dann im Zusammenspiel mit KI weiterentwickeln. KI ist ein Werkzeug – kein Ursprung.
Welches sind Ihre persönlichen Ziele für die nächsten fünf Jahre in der Fachgruppe?
Bernhard Hafele: Die Anerkennung und Wertschätzung unserer Arbeit in der Gesellschaft steigern. Möglichst viele Mitglieder persönlich kennenlernen und mehr über deren Arbeit zu erfahren. Eine konsequentere Vernetzung mit den Mitgliedern der Fachgruppen Film und Berufsfotografie.
Hanno Schuster: Wenn am Ende klar ist: Das war Einsatz und Arbeit für die Branche, ohne Parteipolitik – dann hat sich der Aufwand gelohnt.
Stellen wir uns vor, Sie müssten gemeinsam eine Werbekampagne für politische Zusammenarbeit gestalten – was wäre Ihr gemeinsamer Slogan?
Bernhard Hafele: Konsens über Konflikt.
Hanno Schuster: Ich weiche dieser Frage aus, wie meine Katze dem Staubsauger.
Vielen Dank für das Gespräch!
Andrea Fritz-Pinggera
Foto: A. Vrabl/wkv
