Interview: Neues Jahr, neue kreative Herausforderungen

Martin Dechant (Jg. 1978) ist seit 20 Jahren Geschäftsführer der PR Agentur ikp, 2005 übernahm er als EPU den Standort Vorarlberg. Im Gespräch mit dem Obmann der Fachgruppe werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen der Kreativwirtschaft und mögliche Lösungsstrategien.

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Wie sehen Sie die aktuelle Lage in der Kreativbranche?
Martin Dechant: Auch wir bei ikp spüren die Zurückhaltung bei Aufträgen und Projekten, bleiben jedoch optimistisch. Unsere breite Aufstellung über verschiedene Branchen hinweg hilft uns, resilient zu bleiben. Gleichzeitig steht die Kreativbranche unter enormem Druck, sich an neue Technologien anzupassen. Die KI bleibt ein big player. Weiterbildung spielt hier eine entscheidende Rolle. Gemeinsam mit Partnern wie dem WIFI und der Fachhochschule Vorarlberg setzen wir darauf, die Kompetenzen der Kreativschaffenden zu stärken. Erfreulich ist, dass die Kreativwirtschaft erstmals im Vorarlberger Regierungsprogramm berücksichtigt ist. Das zeigt den Stellenwert für und in der Wirtschaft. Die gute Zusammenarbeit mit der Landesregierung und im speziellen mit Wirtschaftslandesrat Marco Tittler zeigte sich ja bereits während und nach der Coronazeit, bei der Unterstützung für die Kreativen raschest auf die Beine gestellt werden konnte. Das zeigt, wie wichtig antizyklisches Handeln und Rückhalt in Entscheidungsgremien sind. In diesem Kontext möchte ich auch die Bedeutung von Landesausschreibungen hervorheben. Es braucht einheitliche Prozesse und eine transparente Kommunikation, um Unternehmen in der Kreativwirtschaft effektiv einzubinden. Hier setzen wir auch als Fachgruppe und damit Branchenvertretung einen Schwerpunkt, damit alle Kreativen eine Chance haben, an diese Aufträge zu kommen.

Wie können insbesondere EPU in der Kreativwirtschaft gestärkt werden?
Martin Dechant: Ich spreche hier aus langjähriger Erfahrung: Netzwerke und Kooperationen sind essenziell. Gerade Einzelunternehmer:innen sollten sich stärker zu Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen, um gemeinsam an Projekten mitzuwirken. Dies wollen wir als Fachgruppe aktiv fördern, unter anderem durch die Nutzung der CampusVäre als Kreativzentrum. Der Fokus liegt auf Innovation und Kollaboration. Zudem ist eine gute Kooperation mit der Fachhochschule fruchtbar. Hochschulnahe Projekte bieten jungen Kreativen eine Plattform und fördern den Austausch zwischen Branchenexpert:innen und Studierenden. Damit gelingt es unserer Branche auch, die nächste Generation besser zu erreichen.

Gibt es neue Schwerpunkte in der Fachgruppe der Kreativschaffenden?
Martin Dechant: Unsere Branche ist sehr weiblich geprägt, wie ein Blick auf die Mitgliederstruktur zeigt. Wir setzen uns für mehr Chancengleichheit ein, es ist Fakt, dass weibliche Kreative aufgrund der Biologie – durch Karenzzeiten, teilzeitbedingt etc. „natürlich“ benachteiligt werden. Hier setzen wir auch als Branche einen Schwerpunkt. Wir werden in der Fachgruppe weiter für Gleichberechtigung und damit gute Rahmenbedingungen speziell für selbstständige Frauen kämpfen. In meinem Betrieb kann ich das selbst steuern: Wir bei ikp sind ein familienfreundlicher Betrieb und in diesem Bereich sogar Staatspreisträger. Wir setzen auf Chancengleichheit und familienfreundliche Rahmenbedingungen. Arbeitgeber:innen müssen flexibler werden, etwa durch Modelle, die sowohl Männern als auch Frauen eine gleichberechtigte Elternzeit ermöglichen. Es geht also um weit mehr als Gendern – es geht um gleiche Chancen auf allen Ebenen.

Welche Rolle spielen Vernetzung und Mentoringprogramme?
Martin Dechant: Vernetzung ist der Schlüssel zu einer starken Gemeinschaft. Wir möchten neben der CampusVäre von Bregenz bis Bludenz weitere Angebote schaffen, die den Austausch und die Zusammenarbeit erleichtern. Kollegen wie Thomas Gabriel oder die Freunde aus der gelben Fabrik bieten hier gerade spannende Plattformen an. Zudem sind Mentoringprogramme ein bewährtes Mittel, um Wissen weiterzugeben und Orientierung zu bieten. Wir denken darüber nach, diese Programme wieder zu aktivieren und renommierte Kolleg:innen als Mentor:innen einzubinden. Zudem besteht die Idee, eine gemeinsame Plattform mit den westlichen Bundesländern zu schaffen, die Ausschreibungen für Kreativunternehmen bündelt und zugänglich macht.

Ein letztes Wort zu den Wirtschaftskammerwahlen im März?
Martin Dechant: Ich möchte alle Kreativen ermutigen, ihr Stimmrecht zu nutzen. Es geht darum, unsere Interessenvertretung für die nächsten fünf Jahre zu wählen. Am 11. und 13. März kann persönlich im Wahllokal die Stimme abgegeben werden. Oder ganz bequem Wahlkarte anfordern – das Procedere ist österreichweit so vorgegeben.

Danke für das Gespräch! (Andrea Fritz-Pinggera)

Foto: Nina Bröll

 

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