Kreativität braucht Reibung

Marty Rauch (Werbeagentur IRR) und sein Team organisieren zum zweiten Mal den Vorarlberger Kreativpreis. Ein kurzer Einblick in den Hintergrund des Geschehens:

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Marty Rauch gründete Mitte der 1990er-Jahre in Dornbirn mit Johannes Inama und seinem Bruder Tibor Rauch die Agentur IRR – sein persönlicher  Aufbruch aus dem Bauhandwerk in die Welt der kreativen Ideen. Seither steht IRR für Arbeiten, die irritieren und überzeugen zugleich: Kampagnen für Land und Wirtschaftskammer, Kreativpartner für „inside Dornbirn“, Ideengeber für die Vincent Weintour, die "Hörbar", und andere kulturelle Interventionen mit Nachhall. Marty Rauch versteht Gestaltung als Reibungspunkt zwischen Subversion und Seriosität, zwischen Spieltrieb und Präzision. Als Organisator des Kreativpreises Vorarlberg 2025 setzt er diese Haltung fort und eröffnet der regionalen Szene einen Resonanzraum, der Kreativität sichtbar ins Gespräch bringt.


Der Vorarlberger Werbepreis AdWin wurde 2023 zum Kreativpreis – mit einem radikal anderen Setting. Was war Ihr entscheidender Gedanke für diesen Bruch mit der Tradition?

Marty Rauch: Man kann nicht einen innovativen Preis für innovative Inhalte in einem antiquierten Setting verleihen. Der AdWin war in die Jahre gekommen, darüber waren wir in der Agentur uns alle einig. Um ihn neu zu machen, war ein Bruch nötig - ein bisschen neu ging nicht. Der Dornbirner Spielboden als Location heuer entspricht schlicht der kreativen Szene. Wir haben zwölf Hauptkategorien und drei Sonderkategorien ausgeschrieben. Die Gewinner werden auf die Bühne geholt, um kurz und knackig die Sieger:innen zu küren. Wichtig war uns, dass alle Vorarlberger Agenturen mitmachen können, deshalb haben wir die Einreich- und Eintrittsgelder rapide gesenkt. Und dann machen wir das, was Werber am besten können: eine gute Party (18. September) mit toller Musik, coolen Cocktails und lockerer Atmosphäre.


Viele Ihrer Projekte leben von einem gewissen Störmoment. Was ist für Sie der Unterschied zwischen Provokation um der Provokation willen – und einer Intervention, die wirklich etwas bewegt?
Marty Rauch: Provokation im Business, das klingt vielleicht frech. Aber sind wir mal ehrlich: Manchmal braucht es eine kleine Provokation, um eingefahrene Situationen zu ändern. Wie oft sitzen wir denn in Meetings, deren Atmosphäre eher zum Meditieren einlädt, als um gute Geschäfte abzuschließen? Provokation muss nicht Destruktion bedeuten. Aber frech sein, um etwas zu bewegen, das sollte nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel sein. Fragen stellen, die in eine neue, aufregende Richtung führen, Vorschläge diskutieren, die noch nie gemacht worden sind, und dabei Provokation nutzen als Werkzeug, um gemeinsam noch besser zu werden, ist eine Arbeitseinstellung, die uns alle voranbringen kann.


Sie vertreten Haltung und Klarheit in der Gestaltung. Woran erkennen Sie selbst, dass eine Arbeit wirklich Substanz hat?

Marty Rauch: Um es auf den Punkt zu bringen: Auf den ersten Blick, durch viel Erfahrung und mit untrüglichem Bauchgefühl.


IRR hat immer wieder Aufträge umgesetzt, die stark ins Gesellschaftliche oder Kulturelle hineinreichen. Was reizt Sie an dieser Schnittstelle zwischen Kommunikation und Gemeinwesen?

Marty Rauch: Die Abwechslung. Es ist immer wieder schön, selbst durch Projekte herausgefordert zu sein, Neues zu lernen und Neues zu denken. Bequem ist es zu Hause auf dem Sofa. Die Arbeit dagegen bedeutet die Kunst, Expertise in beidem zu haben: in der Kommunikation und im Gemeinwesen.

Danke für das Gespräch Andrea Fritz-Pinggera

Mehr über IRR: https://www.irr.at/