ChatGPT: nachgefragt bei Texter Joshua Köb

Joshua Köb, Jahrgang 1989, hat Germanistik- und Kunstgeschichte in Graz und Wienstudiert und ist seit 2021 Berater und Texter bei Pzwei.Pressearbeit. Davor war er in Wien für eine Kommunikations- und Eventagentur sowie freiberuflich als Journalist und Texter tätig. 
 

Joshua-Koeb-Pzwei_Markus-Gmeiner

Bedroht ChatGPT die Texterbranche?
JK: Da mache ich mir keine Sorgen. Gut recherchierte und fundierte Texte, menschliche Geschichten mit Emotion und Herz wird es immer brauchen. Dazu fehlen der KI Gefühl und Kreativität. Das gilt auch für die Erkenntnis von komplexen Zusammenhängen und relevanten Informationen. Unsere Aufgabe ist es, aus Gesprächen, Texten, Bildern und Situationen das Wesentliche herauszufiltern, kompakt zu destillieren und lebendig zu erzählen. Genauso wichtig wie das Fragen ist das Zuhören und nicht selten das Dabeisein. Textgeneratoren wie ChatGPT arbeiten nur auf Befehl mit Worten und davon zählt jedes gleich viel. Sie übersehen vieles, was nur im persönlichen Kontakt erfahrbar ist.

Sie haben das Tool getestet – wie zufrieden oder unzufrieden waren Sie damit?
JK: Je genauer die Anweisung, desto besser das Resultat. Soweit die Theorie. In der Praxis bedeutet das einen hohen Zeitaufwand für ein mäßiges Ergebnis. Dazu kommen Faktencheck, Korrekturen und vor allem die Tilgung der Redundanzen. ChatGPT neigt etwas zum Schwafeln. Slogans hat er ebenfalls für mich entworfen – da waren unsere Ideen um Welten besser. Berufstexter:innen erspart das Tool (noch) nicht wirklich was. Wenn wir es uns aussuchen können, arbeiten wir lieber mit Stichworten als mit ausformulierten Texten.

Wird ChatGPT Ihrer Meinung nach die Kulturtechnik des Textens revolutionieren?
JK: ChatGPT und Konsorten können schon sehr viel: Sie sind enorm schnell, verfügen über einen unendlichen Wort- und Datenschatz und arrangieren Textbausteine. Allesamt klassische Hilfsdienste, die das Leben leichter machen und für uns Texter:innen ähnliche Dienste leisten können wie ein Synonym-Wörterbuch. Für mehr reicht's (noch) nicht. Bei stark standardisierten Textsorten wie Bedienungsanleitungen, Packungsbeilagen oder politischen Reden sehe ich mehr Potenzial. Die KI schafft sicher neue Chancen für Menschen mit geringerer Textkompetenz, birgt aber auch Risiken. Wenn jedes Wort und jeder Text im Netz gleichwertig behandelt wird, fehlt das kritische Abwägen von Fakten und Fiktionen, Wahrheit und Fake-News. Medienkompetenz wird in Zukunft noch wichtiger.

Danke für die Einschätzung!

AFP

Foto: Markus Gmeiner