Verantwortung als Gestalter wahrnehmen

Hector Perez stammt aus Chile und führt in Vorarlberg sein Designstudio Ressenz® in dem er sich Strategie und Design untrennbar unter dem Fokus der Nachhaltigkeit widmet.

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Interview des Monats

Hector Eduardo Perez Morel (Jg. 1980) wurde in Chile geboren, studierte dort und arbeitete lange in Hamburg bevor er sich mit seinem Studio Ressenz® in Vorarlberg selbständig machte.

Herr Perez, wie dürfen wir uns Nachhaltigkeit im Design vorstellen?
Hector Perez: In der Welt des Branding sind wir Designer so besessen davon, schöne und künstliche Welten zu erschaffen, dass wir unnötige Ressourcen dafür aufwenden. Dabei vergessen wir, dass wir bereits von einer wunderschönen Welt umgeben sind, um die wir uns kümmern müssen, damit sie uns erhalten bleibt. Nachhaltigkeit ist keine Option mehr, sie ist eine Notwendigkeit. Ich habe die Branche in den letzten fünf Jahren beobachtet, viele Designagenturen verändern sich, diese Haltung für die Nachhaltigkeit kann die Branche und die Welt verändern.

Sie kommen ursprünglich aus dem Industriedesign – Stichwort „Design als Problemlösung“?
Hector Perez: Ich habe Industriedesign an einer angesehenen Universität in Chile studiert. Es war eine sehr lange und intensive Designausbildung von Ende der Neunzigerjahre bis Mitte 2000er – mit Schwerpunkten wie Funktionsdesign, Nachhaltigkeit und Design als Problemlösung und nicht als Verkaufsmittel. Die Philosophie dieser Fakultät hat mich sehr geprägt – ich profitiere bis heute davon. Natürlich ist beim Produktdesign sehr stark das Funktionelle im Vordergrund, aber das strahlt bis in meine jetzigen Aufgaben hinein.

Nachhaltigkeit war demzufolge schon sehr früh ein Schwerpunkt in ihrem Tun?
Hector Perez: Aufgrund meiner Interessen hatte ich internationale Austauschprojekte, z.B. mit Italien. Ich war im Transportdesign tätig und fertigte bereits 2003 erste Konzepte für das Fahrrad als Transportmittel für Unternehmen. Den Ressourcen der Erde und einem nachhaltigen Leben galt immer mein Interesse. Man muss den Background berücksichtigen – das dreckige Geschäft mit Lithium und Materialien für die Smartphoneindustrie ist in Chile weit verbreitet. Andererseits importiert Chile keinen Wein aus Frankreich oder Äpfel aus Südtirol – es wird überwiegend regional produziert und konsumiert. Das ist in Europa ganz anders. Naturgemäß liegt in der Werbung der Schwerpunkt auf Verkauf und Massenproduktion. Vieles unterliegt Trends und wird wieder und wieder redesignt – das schont keinesfalls Ressourcen – immer neu, immer anders...

Wie kamen sie schließlich nach Europa und Hard?
Hector Perez: 2006 habe ich meine jetzige Frau Miriam in Chile kennengelernt. Sie war Architekturstudentin, stammte aus Frankfurt, studierte in Aachen und war für ein Sozialprojekt im Ausland. So bereitete ich meinen Umzug nach Europa vor, arbeitete 7 Jahre bei einer renommierten Digitalagentur in Hamburg (SinnerSchrader – jetzt Accenture) entwickelte Konzepte, visuelle Erscheinungsbilder etc. und durfte für große Kunden wie BMW, Audi und Co arbeiten. Als meine Frau einen Job bei Cukrowicz-Nachbaur-Architekten erhielt, verlegte sie ihren Lebensmittelpunkt ins Architekturland Vorarlberg. Ich war beeindruckt von der wirtschaftlichen Dynamik und hohen Lebensqualität im Land. Diese Kombination hat mich fasziniert und ich bin 2017 ebenfalls fix nach Vorarlberg gezogen. Ich schätze den multikulturellen Austausch und den hohen Erholungswert hierzulande.

Wie erfolgte der Arbeitsstart in Vorarlberg?
Hector Perez: Ich habe einige Stationen in Vorarlberger und Schweizer Agenturen absolviert, und startete 2022 mein eigenes Unternehmen in der Hofsteigstraße 8 in Hard. Mein Hauptgeschäft ist digitales Branding und traditionelles Branding – aber in einer nachhaltigen Form. Greenwashing mag ich nicht, meine Verantwortung als Gestalter ist: Wie stark können wir Konsum beeinflussen? Ich möchte nachhaltige Aspekte involvieren: Empathie und Emotion, Verantwortung, Langfristigkeit, Responsivität sind starke Faktoren dafür. Für Greenwashing stehe ich nicht zur Verfügung. Ich bin dagegen, dass man sinnlose Produkte herstellt und dafür die Marketingmaschinerie anwirft – das sind meine Werte.

Was bedeutet der Unternehmensname Ressenz®?
Hector Perez: Ressenz® ist eine Kombination aus Essenz und Re steht für Erneuerung – neue Chancen, neue Perspektiven. Im Designprozess sind für mich Strategie und Design untrennbar miteinander verbunden. Zuerst habe ich nur Design geschaffen, aber da fehlte stets etwas. Ich arbeite in drei Branding-Phasen – think, create and connect - mit strategy, identity, experience. Für mich muss die Chemie zwischen den Auftraggebenden und mir funktionieren. Menschliche Aspekte spielen bei mir auch eine Rolle – der Kunde kann auch nicht zu mir passen.

Ist Ressenz® ein traditionelles oder ein digitales Studio?
Hector Perez: Viele Unternehmen machen den Fehler, in dem sie analoges und digitales Branding trennen. Branding muss konsequent und logisch aufs Papiers oder aufs Tablet gebracht werden. Da ich sehr viele Projekte in der digitalen Welt umsetze, war ich auch in der Coronazeit hervorragend ausgelastet. Ich komme aus der Produktdesignecke mit viel Erfahrung im Branding und der digitalen Welt – daher führe ich dies sinnvoll zusammen. Ich erarbeite mit meinem Verständnis der Marke, und der Betreuung unter einem Dach und unter Einhaltung nachhaltiger Aspekte für die Auftraggebenden. Wer mehr über meine Arbeitsweise, das Portfolio das neben Markenentwicklung und Design auch Content-Beratung, digitale Anwendungen, Bildsprache, Logo, Signaletik u.v.m. beinhaltet, schaut vorbei auf:
www.ressenz.at

Vielen Dank für das Gespräch!
Andrea Fritz-Pinggera (Text und Foto)